Bei all seinen wunderbaren Fähigkeiten und Leistung ist das menschliche Gehirn weit davon entfernt, fehlerfrei zu sein. Die meisten seiner Teilbereiche mögen gut zu funktionieren, aber andere sind verkümmert, unterentwickelt oder fehlen gänzlich. Grosse Männer aller Klassen und Berufe – Wissenschaftler, Erfinder und knallharte Investoren – sind mit unmöglichen Theorien, nicht betriebstauglichen Geräten und unrealistischen Szenarien bekannt geworden. Es ist zu bezweifeln, dass es auch nur eine einzige Arbeit eines Individuums gibt, die frei von Fehlern ist. Es gibt kein unfehlbares Gehirn. Es ist unvermeidlich, dass einige Zellen oder Fasern verkümmern oder nicht reagieren, was zu einer Beeinträchtigung des Urteilsvermögens, des Augenmasses oder einer anderen Fähigkeit führt. Ein genialer, praktisch veranlagter Mann, dessen Name in aller Munde ist, hat die besten Jahre seines Lebens mit einem visionären Unterfangen vergeudet. Ein berühmter Physiker war nicht in der Lage, die Richtung eines elektrischen Stroms nach einer kinderleichten Regel nachzuvollziehen. Der Schriftsteller, der bekannt dafür war, ganze Bände auswendig zu lernen, war zeitlebens nicht in der Lage, die Farben des Regenbogens korrekt zu bezeichnen, ja im Gedächtnis zu behalten und sie in der richtigen Reihenfolge wieder zu geben – er kann sie nur nach langem Nachdenken an sie erinnern, so seltsam es auch erscheinen mag.

Auch unsere Sinne sind mangelhaft und trügerisch. So wie eine rasche Abfolge unbewegter Bilder den Anschein von Leben erweckt, so sind viele unserer Wahrnehmungen nur eine Täuschung der Sinne und entbehren der Realität. Die grössten Triumphe des Menschen waren jene, bei denen sich sein Geist vom Einfluss der trügerischen Erscheinungen befreien konnte. Da war die Offenbarung des Buddha, dass das Selbst eine Illusion ist, die durch das Fortbestehen und die Kontinuität mentaler Bilder verursacht wird; die Entdeckung von Kopernikus, dass sich dieser Planet entgegen aller Beobachtungen um die Sonne dreht und nicht umgekehrt; die Erkenntnis von Descartes, dass der Mensch ein Automat ist, der von äusseren Einflüssen gesteuert wird, und die Idee, dass die Erde kugelförmig ist, die Kolumbus zur Entdeckung des Amerikanischen Kontinents führte. Und obwohl sich der Verstand einzelner Individuen ergänzt und die Wissenschaft und gemachte Erfahrung ständig Irrtümer und falsche Vorstellungen ausräumen, ist ein Grossteil unseres heutigen Wissens immer noch unvollständig und unzuverlässig. Wir kennen Trugschlüsse in der Mathematik, die nicht widerlegt werden können. Selbst im reinen Denken, das frei von den Unzulänglichkeiten der symbolischen Prozesse ist, werden wir oft von Zweifeln aufgehalten, welche auch die Intelligentesten nicht ausräumen können. Selbst die experimentelle Wissenschaft selbst ist als die positivste von allen nicht unfehlbar.

Nachfolgend werden ich drei ausserordentlich interessante Fehler bei der Interpretation und Anwendung physikalischer Phänomene erläutern, welche seit Jahren die Köpfe der Experten und Wissenschaftler beschäftigen.

Die Illusion der axialen Mondrotation

Seit der Entdeckung von Galileo Galilei ist bekannt, dass der Mond während seiner Reise durchs All der Erde immer dieselbe Seite zuwendet. Dies wird dadurch erklärt, dass er während einer Umrundung der Erde ebenso genau eine Rotation um seine eigene Achse erfährt. Die Drehbewegung eines massereichen Körpers erfährt über die Zeit betrachtet notwendigerweise Änderungen, sei es eine Verlangsamung durch interne oder externe Einflüsse oder eine Beschleunigung erzeugt durch Schrumpfung oder anderer Einflüsse. Eine unveränderte Rotationsgeschwindigkeit durch alle Phasen planetarer Entwicklung ist offensichtlich unmöglich. Welch Wunder also, dass unser sich Trabant genau zum jetzigen Zeitpunkt genauso viel Zeit für eine Umdrehung um die eigene Achse benötigt wie er für eine Umrundung der Erde und nicht mehr oder weniger. Viele Astronomen haben es als physikalische Tatsache anerkannt, dass er sich um seine eigene Achse dreht. Tut er aber nicht, es scheint nur so – es handelt sich um eine Illusion, wenn auch um eine sehr erstaunliche.

Es ist allgemein bekannt, dass der Mond (M) der Erde (E) immer dieselbe Seite zuwendet, wie die schwarzen Pfeil es andeuten. Die parallelen Strahlen der Sonne beleuchten den Mond während seiner Bewegung um die Erde wie durch die Teilschattierungen ersichtlich. Denkst Du vor diesem Hintergrund, dass der Mond sich um die eigene Achse dreht ?

Illusion of axial rotation fig2
N. Tesla, Electrical Experimenter (1919)

Ich versuche dies zu anhand Figur 1 deutlich zu machen, in welcher E die Erde repräsentiert und M den Mond. Die Bewegung durchs All erfolgt so, dass der an letzterem befestigte Pfeil in Bezug auf die Erde immer an derselben Stelle bleibt. Wenn man sich nun vorstellt, dass man auf die Bahnebene hinunterschaut und die Bewegung verfolgt, ist man überzeugt, dass sich der Mond tatsächlich dreht, während er die Erde umwandert. Aber mit dieser Annahme täuscht sich der Beobachter. Um die Täuschung zu vervollständigen, lassen wir den Beobachter eine ähnlich mit einem Pfeil markierte Scheibe halten und sie drehbar in der Mitte halten, und sie so um ein feststehendes Objekt herumtragen, wobei der Pfeil ständig auf dieses Objekt zeigt. Aus der Position seines Körpers wird sich die Scheibe um die eigene Achse drehen, doch eine solche Bewegung existiert nicht.